Generative KI: Wie kann ChatGPT im Risikomanagement von Projekten unterstützen?
Auf geht es in den vierten Teil meiner Serie, wie Dir ChatGPT im Projektmanagement helfen kann. Nächste Runde, neue Erkenntnisse. Heute zeige ich Euch, wie Du mit ChatGPT das Risikomanagement in Projekten effizienter gestalten kannst.
Die Risikobewertung und -steuerung in Projekten ist so eine Sache für sich. Du kennst bestimmt die unzähligen Excel-Tabellen, die gerne mehr Chaos stiften als Ordnung. Wie wäre es also, wenn ein intelligenter Chatbot uns bei der Identifikation und Analyse von Risiken unter die Arme greifen könnte?
Ich teste meine Erkenntnis wieder an meinem fiktiven Projekt – “Digitale Wartenummern und Benachrichtigungen” der Stadt Digihausen. Hier die kurze Beschreibung meines Projektes:
Stelle dir vor, du gehst zu deiner lokalen Behörde und statt sich in einer langen Schlange anzustellen, erhältst du eine digitale Wartenummer. Noch besser, du wirst per SMS oder App-Benachrichtigung über den Fortschritt deiner Wartezeit informiert. Dies gibt dir die Freiheit, sich in der Nähe aufzuhalten oder andere Erledigungen zu machen, anstatt zu warten.
Das Risikomanagement, so wie ich es kenne, hat vier wesentliche Schritte:
- Schritt – Identifikation der Risiken,
- Schritt – Analyse und Bewertung der Risiken,
- Schritt – Maßnahmen planen und
- Schritt – Maßnahmen umsetzen.
Und genau in dieser Abfolge werde ich mich vorarbeiten und meine Prompts als auch die Ergebnisse mit ChatGPT Version 4.0 präsentieren. In meinen letzten Artikeln habe ich bereits eine Anforderungsanalyse und eine Projektplanung mit ChatGPT erstellt, somit kann ich bereits auf angelernte Informationen zu meinem Projekt zurückgreifen.
Also, auf geht´s!
Schritt 1 - Identifikation der Projektrisiken
Aus meiner Sicht ist ChatGPT ein richtiges Sammelsurium an möglichen Projektrisiken. Ich mache es mir daher einfach und befehle ChatGPT, eine Liste von Risiken inklusive der Ursachen und Wirkungen auszugeben. Bereits aus den vorangegangenen Tests wissen wir: Je konkreter und klarer strukturiert der Prompt geschrieben ist, desto besser sind die Ergebnisse.
Auf der einen Seite ist die Liste der Risiken mit Ursachen und Wirkungen noch generisch, aber inhaltlich passend für ein Softwareentwicklungsprojekt. Natürlich benötigt es im Folgenden wieder die Qualitätssicherung des Projektmanagers, bietet in diesem Fall jedoch aus meiner Sicht eine gute Vorlage.
Ebenso gefällt mir die Darstellung der Ausgabe. Durch die strukturierte Prompt-Eingabe habe ich eine Liste erhalten, welche mir eine gute Grundlage zur Weiterverarbeitung bietet. Die Inhalte kann ich nun von ChatGPT, z.B. in Excel, kopieren – dazu einfach den entsprechenden Button in ChatGPT verwenden.
Mein Test-Import der Risikoliste in Excel ist auf Anhieb nicht optimal. Mit dem Editor für Text in Spalten funktioniert der Import in Excel am Ende jedoch, und ich könnte die Daten außerhalb von ChatGPT beliebig weiterverarbeiten (z.B. in eine CSV umwandeln und in ein PM-Tool importieren).
Schritt 2 - Analyse und Bewertung der Risiken
Wie ChatGPT richtigerweise am Ende der Ausgabe zu den Projektrisiken schreibt, benötigt es im zweiten Schritt eine Risikobewertung. Eine Bewertung der Risiken erfolgt in der Regel nach Eintrittswahrscheinlichkeit, Tragweite und Risikowert. Deshalb befehle ich ChatGPT, eine Risikobewertung beispielhaft für das Risiko “Budgetüberschreitung” durchzuführen.
Meiner Meinung nach ist die Ausgabe methodisch richtig, aber inhaltlich bin ich skeptisch. Die Begriffe sind gut verständlich erklärt, und auch die Berechnung ist grundsätzlich korrekt. ChatGPT ist ein Sprachmodell, jedoch ist es auch in der Lage, Risiken zu bewerten?
Ich denke, hier kommt ChatGPT an seine Grenzen. Die Bewertung von Risiken basiert in der Regel auf Erfahrungen aus anderen Projekten oder Expertenschätzungen. Die Bewertung benötigt somit spezifische Daten, die in meinem Fall jedoch nicht vorliegen können. Deshalb frage ich ChatGPT nach der Herleitung der 30% Eintrittswahrscheinlichkeit.
Meine Vermutung wird bestätigt, und ChatGPT beschreibt selbst, dass dies hypothetische Werte sind; selbiges gilt für die Tragweite des Risikos.
Somit resümiere ich für mich: Die Teildisziplin – Risikobewertung – ist mit ChatGPT in den aktuellen Versionen nicht möglich. ChatGPT gibt mir eine gute Struktur vor; die Bewertung der Risiken obliegt jedoch dem Projektmanager:in bzw. dem Projektteam.
Schritt 3 - Maßnahmen planen
Nachdem ich nun die Risikobewertung in ChatGPT betrachtet habe, ist der nächste Schritt, Gegenmaßnahmen zu planen. Denn was bringt mir das ganze Wissen über die Risiken im Projekt, wenn ich als Projektmanager:in nicht weiß, wie ich damit umgehen soll. Gegenmaßnahmen sind somit meine Sicherheitsnetze, die dafür sorgen sollen, dass das Projekt vor einem Misserfolg geschützt wird.
Die Planung von Gegenmaßnahmen kann nach meiner Recherche in zwei Varianten mit ChatGPT erfolgen, entweder spezifisch pro Projektrisiko oder als umfassende Abfrage für alle identifizierte Projektrisiken.
Ich starte mit Variante 1 – die spezifische Abfrage pro Projektrisiko:
Die Aufzählung ist sehr umfangreich, jedoch auch wieder allgemein gehalten. Interessant, ist aus meiner Sicht, dass ChatGPT bereits selbst nach präventiven und reaktiven/ korrektive Maßnahmen kategorisiert. Somit methodisch gut hergeleitet. Würde ich diese Variante weiterführen, müsste ich jedes Risiko einzeln abfragen, was aus meiner Sicht zu ineffizient wäre.
In der Variante 2 führe ich daher eine Abfrage für die vollständige Liste aller Projektrisiken durch. Bei der Prompt-Eingabe habe ich sicherheitshalber noch einmal die vollständige Liste der Projektrisiken hineinkopiert, um sicherzustellen, dass die richtigen Informationen verarbeitet werden. Da die Eingabe im Chat durch die kopierte Tabelle sehr lang war, findest Du im folgenden nur das Ergebnis, welches ich zur besseren Darstellung in eine Excel-Tabelle überführt habe. Als Prompt habe ich den Befehl – Erstelle mir einen Maßnahmenplan zu folgenden Risiken. Gib eine Tabelle aus – eingegeben:
Ich muss zugeben, dieses Ergebnis habe ich nach zweimaliger Wiederholung des Prompts erhalten. Ich bin überrascht in welcher Detailtiefe die Ausgabe erfolgt. Neben einer kurzen Beschreibung der Maßnahmen erhalte ich zusätzlich die Verantwortlichkeiten, den Zeitpunkt der Umsetzung (wobei das sehr grob ist) und eine Kostenschätzung pro Maßnahme.
Als Projektmanager:in muss ich diese Angaben zwar qualitätssichern, jedoch bieten sie wieder eine gute Arbeitsgrundlage. Bei der Kostenschätzung bleibe ich bei der Aussage, wie bei der Risikobewertung, diese Werte sind hypothetisch und müssen auf den individuellen Fall angepasst werden.
Ohne die Hilfe von ChatGPT hätte das Erstellen dieser Liste meiner Meinung nach länger gedauert. Somit ist das aus meiner Sicht eine effiziente Erleichterung. Im Folgenden muss der Projektmanager:in entscheiden, welche Maßnahmen umgesetzt werden und den neuen Risikowert nach Umsetzung der Gegenmaßnahmen bestimmen.
Schritt 4 - Maßnahmen umsetzen
Die Umsetzung der identifizierten Gegenmaßnahmen erfolgt aus meiner Sicht ohne die Hilfe mit ChatGPT. Als Projektmanager:in organisiere ich die Umsetzung der Gegenmaßnahmen, stimme Verantwortlichkeiten ab und verfolge die Umsetzung der Maßnahmen. Ich kann mir aktuell noch keinen Anwendungsfall vorstellen, wie mir ChatGPT dabei helfen kann. Bin aber auch gespannt, wenn mir jemand aus der Community einen Anwendungsfall berichten kann. Also schreibt mir gerne, wenn Du Erfahrungen bei diesem Teilschritt hast oder dir ein Anwendungsfall einfällt.
Fazit zum Risikomanagement mit ChatGPT
Auch in dieser Serie konntet Ihr wieder sehen, wie vielseitig ChatGPT im Projektmanagement eingesetzt werden kann. Beim Risikomanagement gibt es jedoch sowohl Licht als auch Schatten. Drei wesentliche Erkenntnisse kann ich aus den vorgestellten Anwendungsfällen für mich zusammenfassen:
- ChatGPT hilft Risiken effizient zu identifizieren: ChatGPT hat sich als passendes Tool erwiesen, um Projektrisiken schnell und strukturiert zu identifizieren. Es erspart mir nicht nur Zeit, sondern liefert auch eine fundierte Grundlage, die ich als Projektmanager:in noch qualitätssichern kann.
- ChatGPT hat begrenzte Fähigkeiten bei der Risikobewertung: Während ChatGPT gute Ergebnisse dabei liefert, Risiken zu identifizieren und Gegenmaßnahmen zu planen, stößt es bei der Bewertung dieser Risiken an seine Grenzen. Es fehlt dem Tool an der Fähigkeit, individuelle Erfahrungswerte und spezifische Projektdaten in die Bewertung einzubeziehen. Hier bleibt die Expertise des Projektmanager:in gefragt.
- ChatGPT liefert solide Grundlagen für Gegenmaßnahmen: Mit einer detaillierten Liste von Maßnahmen, inklusive Verantwortlichkeiten und Kostenschätzungen, gibt es dem Projektmanager:in eine gute Arbeitsgrundlage für weitere Aktivitäten. Die Entscheidung, welche Gegenmaßnahmen umgesetzt werden, liegt im Folgenden beim Projektmanager:in.
Zusammengefasst: ChatGPT ist ein solides Werkzeug für bestimmte Aspekte des Risikomanagements im Projekt, aber es kann und sollte nicht die Erfahrung und das Know-How eines versierten Projektmanager:in ersetzen. Es ist ein Tool in eurem Werkzeugkasten, aber sicherlich nicht das einzige. Also, probiert es weiter aus und bleibt dran!
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