Der Zug ist für mich einer der komfortabelsten Fortbewegungsmittel, kann ich doch während der Fahrt entscheiden, ob ich arbeite, Zeitung lesen oder etwas komplett Anderes mache. Jedoch beobachte ich auf meinen Reisen immer wieder, wie einfach dabei vertrauliche Informationen preisgegeben werden. Daher werde ich in diesem Blog-Artikel meine bisherigen Erfahrungen teilen und hier drei einfache Tipps aus der eigenen Praxis aufzeigen, wie Jeder auf (Dienst-) Reisen mit dem Zug den Schutz von seinen vertraulichen Informationen verbessern kann.
Meine Top-Story zum unvorsichtigen Umgang mit Informationen
Fast wöchentlich darf ich von Erfurt zu meinem Kunden fahren und nehme dafür den ICE, auch wenn Verspätungen meinen Zeitplan ab und zu durcheinander werfen. Doch was mich dabei immer wieder fassungslos macht, ist wie unvorsichtig Menschen mit persönlichen und vertraulichen Informationen auf Reisen umgehen, egal ob dienstlich oder privat.
Zu meinem absoluten Highlight zählte dabei in der Vergangegenheit ein offenliegender Auditbericht zum Stand der Informationssicherheit von einem der fünf größten deutschen Stadtwerke. Dabei konnte ich in Ruhe mitlesen, dass dieses Stadtwerk u.a. noch Nachholbedarf beim Schutz von hoch-privilegierten Nutzern (Administratoren) hatte und der Bericht in der Kopfzeile extra mit “Vertraulich” markiert war. Dem Reisenden war die Bedeutung dieser Labels anscheinen nicht bewusst oder dachte vielleicht: “Damit kann hier im Zug sowieso niemand etwas anfangen”.
Unterschätzte Gefahr von Audible Und Visual Hacking
Aus meiner Sicht ist diese Annahme ein riesiger Trugschluss, denn es gibt eine Gefahr für Audible und Visual Hacking. Denn ich weiß nicht, welche Person die Informationen einsieht/ mithört und was sie damit anfängt. Ist es vielleicht eine Person eines Mitbewerbers oder ein Journalist oder einfach nur eine neugierige Person. Im Endeffekt kann eine vertrauliche Information, die auf diesem Weg öffentlich wird, einen erheblichen Imageschaden oder auch Wettbewerbsnachteil für das Unternehmen/ die Organisation bedeuten.
Der Zug ist ein öffentlicher Raum und sollte auch entsprechend mit Vorsicht genutzt werden. Nur weil wir alle in einem Zug sitzen und den gleichen Weg teilen, müssen wir nicht automatisch alle Informationen teilen. Durch meine Arbeit in mehreren Projekten bei Banken zum Thema Informationssicherheit bin ich mir dieser Gefahr bewusst und achte ich auf meinen Reisen darauf. Ich arbeite häufig mit Informationen meiner Kunden und möchte nicht für so ein Datenleck verantwortlich sein.
Das Geld ist nicht weg, es hat nur wer anderes
Doch keine Sorge dieses Verhalten betrifft ebenso Privatpersonen. Meinen Anschein nach ist der Zug der ideale Ort für Online-Banking. Denn schon öfters konnte ich Konto- und Depotstände einsehen. Mir juckt es dann immer zu sagen, dass sie auch gerne an mich eine Überweisung tätigen können und das Geld auch bei mir in besten Händen ist. Getreu dem Motto, das Geld ist nicht weg, es hat nur wer anderes.
Aber jetzt mal Spaß beiseite, ich könnte hierzu noch zahlreiche Erlebnisse aufzählen. Auch Kaspersky hat ein Experiment zu Geschäftsgeheimnissen im Zug durchgeführt und ist zu ähnlichen Ergebnissen gekommen. Kaspersky beobachtet im Durchschnitt pro Wagon 13 potentielle öffentlich zugängliche Geschäftsgeheimnisse. Eine beachtliche Zahl aus meiner Sicht.
Der Zug soll auch in Zukunft ein Ort fürs Arbeiten sein. Aus der Praxis nutze ich daher drei einfache Maßnahmen, die den Schutz von vertraulichen Informationen auf Reisen im Zug verbessert, ohne dabei aufs Arbeiten verzichten zu müssen.
1. Tipp: Nutze Sichtschutzfolien für Laptop und Handy
Vielen Unternehmen/ Organisationen händigen ihren Mitarbeitenden solche Sichtschutzfolien für Laptop und Handy bereits aus. Doch leider nutzen diese Schutzfolien nicht alle Mitarbeitenden. Sind sie doch, wie Helme beim Fahrradfahren. Sie dienen ihrem Zweck, stören aber die Optik und sind teilweise unhandlich.
Einige Sichtschutzfolien bei Laptops müssen extra in einer Halterung eingeschoben werden. Häufig wird die Folie dann auch noch vergessen, da sie im Büro wieder abgenommen wird. Mich hat das in der Vergangenheit auch genervt. Doch am Ende schützen diese Folien gegen unerwünschte seitliche Blicke auf das Display ab einem Winkel von 30 Grad.
Daher habe ich mich persönlich beim Laptop und Handy jeweils für klebbare Sichtschutzfolien entschieden. Damit habe ich die Schutzfolie immer dabei. Mittlerweile gibt es auch Laptops, die so eine Sichtschutzfunktion technisch eingebaut haben und situationsbedingt im Display an- oder ausgeschalten werden kann.
Nachteilig ist so eine feste Sichtschutzfolie beim kollaborativen Arbeiten. Wenn ich Inhalte auf meinem Display anderen Personen zeigen möchte, muss ich in dem Fall den Laptop bzw. das Handy der Person zudrehen, damit diese frontal auf den Display blicken kann. Denn so eine Sichtschutzfolie bietet lediglich Schutz bei unerwünschten Blicken von der Seite, frontale Blicke oder Blicke von hinten sind somit immer noch möglich (“Shouldersurfing”).
2. Tipp: Verhindere unerwünschte Blicke von Hinten mit Der richtigen Sitzplatzwahl
Leider können Mitreisende zwischen den Sitzplätzen häufig hindurchschauen und haben somit, auch wenn Sichtschutzfolien genutzt werden, freien Blick auf das Display. Die unerwünschten Blicke von hinten lassen sich durch Wahl des richtigen Sitzplatzes jedoch unterbinden.
Auch die Bahn hat dieses Problem erkannt und zumindest in der 1. Klasse sind in den generalüberholten ICE-Zügen mittlerweile zwischen den Sitzen ein Sichtschutz verbaut. Somit ist da der Schutz von vertraulichen Informationen zumindest erhöht.
Doch nicht jeder reist in der 1. Klasse und auch viele ICE-Züge haben diesen Sichtschutz noch nicht verbaut. Daher empfehle ich bei der Sitzplatzwahl auf folgende Kriterien zu achten:
- Eine Rückwand hinter dem Sitz, damit Blicke von hinten unterbunden sind
- Fensterplatz, damit der seitliche Sichtschutz bei Einsatz einer Sichtfolie gewährleistet ist
Hier eine beispielhafte Auswahl von Sitzplätzen, die die oben genannten Kriterien erfüllen. Die in grün dargestellten Sitzplätze bilden diese Kriterien aus meiner Sicht ideal ab, die orange markierten Sitzplätze erfüllen diese mit Abstriche.
Eigentlich sind abgetrennte Abteile mit bis zu 6 Sitzplätzen die beste Wahl, da hier neben den oben genannten Kriterien auch die Privatsphäre bei Telefonaten verbessert ist. Sofern man alleine darin reist. Doch leider sind abgetrennte Abteile nur in den älteren ICE-Modellen verbaut. Das neuste ICE 4-Modelle, besitzt nur noch Großräume für die Sitzplätze. Also empfiehlt es sich bereits vor der Reise einen der besser geschützten Sitzplätze zu reservieren.
3. Tipp: Bildschirm beim Verlassen des Platzes sperren
Der Tipp klingt trivial, aber ich erlebe es häufiger, dass Personen von ihrem Platz aufstehen und der Laptop offen stehen lassen. Die Personen gehen vielleicht nur “kurz” auf Toilette oder in das Bordrestaurant. In der Zwischenzeit kann ohne weiteres der Inhalt des Displays eingesehen werden.
Um das zu vermeiden sollte daher immer mindestens der Bildschirm gesperrt werden (Windows: “Windows-Taste” + “L” oder Mac: “Ctrl”+”Umschalttaste”+”Ein-/ Ausschalter”) oder, sofern die Abwesenheit länger dauern sollte, der Laptop mitgenommen werden. Meistens geben das die organisatorischen Regeln der Unternehmen/ Organisationen bereits vor. Jedoch in der Praxis wird das Sperren des Bildschirms gerne vergessen.
Ich weiß, dass ist scheinbar lästig. Auch ich musste das Sperren des Bildschirms beim Verlassen meines Arbeitsplatzes auch erst verinnerlichen. In den Anfängen meiner beruflichen Laufbahn hatte ich im Büro das Sperren des Bildschirms gerne vernachlässigt. Meine Kollegen nutzten die Situation gerne schamlos aus.
Sie versendeten in meinem Namen von meinem offen stehenden Laptop eine Einladung an das ganze Team mit der freudigen Nachricht, dass ich in der nächsten Woche Kuchen für Alle ausgebe. Nach dem zweiten Mal “Kuchen-für-Alle” hatte ich es dann aber so verinnerlicht, dass ich bis heute den Bildschirm sperre, sobald ich meine Geräte verlasse. Selbst in meinem Büro, was ich alleine nutze.
Fazit
Natürlich gibt es keinen 100-prozentigen Schutz vor Audible und Visual Hacking, doch verbessern diese drei Maßnahmen den Schutz von sensiblen Informationen aus Reisen wesentlich. Wohlmöglich haben viele schon einmal ähnliche Situationen auf Reisen erlebt. Aus meiner Sicht lassen sich die Tipps einfach und kostengünstig umsetzen. Also probieren Sie gerne aus und berichte Sie mir, was Ihre Erfahrungen sind. Gerne auch hier unten im Kommentarfeld oder an info@menschenkoenner.de.