Branche - Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung
Im europäischen Vergleich belegt Deutschland bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung bisher Plätze im hinteren Mittelfeld. Die öffentliche Verwaltung bildet mit ca. 5,1 Mio. Beschäftigten (Stand: 2021) einer der größten Arbeitgeber in Deutschland.
In der Vergangenheit wurde die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen primär punktuell durchgeführt. Abhängig von der Verwaltungsleistung lassen sich in vereinzelten Bundesländern und/ oder Kommunen für Bürger:in oder das Unternehmen digitale Anträge auffinden. Wobei hierbei zu unterscheiden ist, vollkommen digitale Prozesse, von der Beantragung bis hin zur Bescheidung der Leistung, sind die Ausnahme (z.B. Einkommenssteuererklärung). Vielmehr finden sich auf den Webseiten der Behörden überwiegend PDF-Formulare, die von dem Antragsstellenden ausgedruckt und per Post an die Behörde versendet werden müssen.
In der Behörden sieht der Reifegrad von digitalen Prozessen vergleichbar aus. Von der Verarbeitung in Papierform bis hin zu vollständig digitalen Bearbeitung sind alle Ausprägungen vorzufinden. Eine flächendeckende Digitalisierung von Verwaltungsleistungen ist jedoch (noch) nicht umgesetzt.
Mit dem E-Government-Gesetz von 2013 gab es einen ersten bundesweiten Vorstoß zur digitalen Verwaltung u.a. durch den Abbau der Schriftformerfordernis und der verpflichtenden Bereitstellung einen elektronischen Zugang für Antragstellende in den Behörden. Doch erst das Onlinezugangsgesetz (OZG) bildete 2017 den ersten großen Schritt zur Digitalisierung von Verwaltungsleistungen. Ziel ist es mit dem OZG Bürger:innen sowie Unternehmen die digitale und medienbruchfreie Beantragung sowie Bescheidzustellung bei Verwaltungsleistungen zu ermöglichen. Im Rahmen des OZG sollen mehr als 6000 Verwaltungsleistungen digitalisiert werden, wobei hierbei nur die Leistungen inkludiert sind, die gegenüber Nutzerinnen und Nutzern relevant sind. Verwaltungsinterne Leistungen und Prozesse müssen mit dem OZG nicht digitalisiert werden.
Folglich ist nach der Digitalisierung der Antragsprozesse für Bürger:innen sowie Unternehmen die Digitalisierung von verwaltungsinterne Prozessen zu rechnen, um eine medienbruchfreie Bearbeitung der Anträge zu ermöglichen.
Trends & Herausforderungen
Langfristig ist die Digitalisierung der Verwaltung ein wichtiger Wachstumstreiber und Wettbewerbsvorteil für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Unternehmen sind bereits heute mitten in der digitalen Transformation und erfinden sich neu. Die deutsche Verwaltung muss in dieser Entwicklung mithalten.
Insgesamt steht die öffentliche Verwaltung bei der Digitalisierung vor mehreren Herausforderungen:
Die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen ist für Bürger:innen und Mitarbeitende in den Behörden teilweise Neuland. Die Verwaltung muss sicherstellen, dass die neuen Technologien einfach zu bedienen sind und Mitarbeitende ausreichend geschult werden.
Für die Verwaltung werden eine Vielzahl von Fachkräften benötigt, um die Verfahren initial zu digitalisieren und langfristig zu betreiben sowie weiterzuentwickeln. Dies erfordert neben der Neueinstellung von Fachkräften und der Weiterentwicklung von Mitarbeitenden bereits heute die Unterstützung von Beratungsunternehmen.
Die Verwaltung muss sicherstellen, dass verschiedene Systeme und Plattformen miteinander kommunizieren können, um die Daten auszutauschen und zu integrieren. Dabei ist in Zukunft ein hohes Maß an Standardisierung notwendig (z.B. XÖV-Standards), um Insellösungen und Medienbrüche zu vermeiden.
Die Digitalisierung wird eine Transformation der Arbeitswelt in der Verwaltung anstoßen. Arbeitsschritte, die heute noch manuell durch Mitarbeitende erledigt werden, sind in Zukunft automatisiert. Damit wird sich das Betätigungsfeld der Mitarbeitenden in den Verwaltungen weiterentwickeln. Dies erfordert in der Verwaltung eine offene Einstellung gegenüber Veränderungen, die aktive Gestaltung von Transformationsprozessen und die Bereitschaft, neue Wege zu gehen.
Die Zuständigkeiten sind in der Verwaltung auf verschiedenen Ebene verteilt. So haben der Bund, das Land als auch die Kommunen eigenen Entscheidungskompetenzen. In der Umsetzung von Digitalisierungsprojekten ist es erforderlich ressortübergreifend zu arbeiten, um Synergien zu nutzen und Einzellösungen zu vermeiden.